Kinder malen ihre Kultur

Kinder aus 11 Ländern malen ihre Kultur und Lebenswelt

In den Jahren 1991, 1993 und 1995 habe ich in der Slowakei die lokalen Etappen des 1989 von dem spirituellen Lehrer und Friedensphilosophen Sri Chinmoy ins Leben gerufenen Weltfriedenslaufes (PEACE RUN) koordiniert, bei dem insgesamt mehrere Tausend Kinder mit einer brennenden Fackel durch ihr Dorf, ihre Stadt oder ihren Bezirk gelaufen sind. Und mit der Unterstützung des Unterrichts-ministeriums in Bratislava ist es mir gelungen einen Malbewerb zu organisieren, durch dem Kinder zwischen 10 und 18 Jahren die Möglichkeit geboten wurde, ihre Vorstellungen von Frieden, Harmonie und einem gemeinsamen Miteinander auf schöpferische Weise auszudrücken. Die schönsten und besten Bilder wurden vor dem Rathaus in Bratislava ausgestellt und die Gewinner zur gleichzeitig stattfindendenden Abschlussfeier des Friedenslaufes eingeladen. Zu meiner großen Freude und Überraschung bekam ich schließlich die schönsten Bilder geschenkt, und ich habe das hier abgebildete Siegerbild schon seit vielen Jahren bei mir zuhause hängen.

Und diese wunderschoenen und originellen Bilder haben mich dazu bewegt, ein 29m langes und 1,6m breites Stueck Baumwolle zu kaufen, auf dem ich Kinder in all den Laendern, die auf meinem Weg nach Indien liegen, die Gelegenheit geben wollte, ihre Gefuehls- und Gedankenwelt zum Ausdruck zu bringen, indem sie ihr Land, ihr Dorf, ihre Stadt und ihre Kultur anderen Kindern und auch Erwachsenen in anderen Laendern vorstellen. Fuer jedes Land waren ca. 3m Flaeche auf dem Banner vorgesehen, und den ersten Teil des Werkes haben 60 Volksschulkinder in meinem Heimatort Schenkenfelden mit Filzstiften bemalt. Zuvor haben ich ihnen in einer Diashow einige Bilder aus Indien gezeigt, ihnen ueber meine Reiseplaene erzaehlt und ihnen versprochen, dass ich mit dem fertig bemalten Banner in eineinhalb Jahren wieder bei ihnen auftauchen werde. Und mit einem beruehrenden Abschiedslied ueber meinen Heimatort haben sie mich dann schliesslich verabschiedet.

In der Slowakei waren die Schulen am Wochenende geschlossen, sodass ich die Kinder einiger mit mir seit vielen Jahren befreundeter Familien in der Pilgerstadt Levoca/Leutschau gebeten habe, den 2. Abschnitt des Banners mit den von mir mitgebrachten Farben auf wasserlöslicher Basis zu bemalen. Spaziergänger zeigten sich recht interessiert an der Malaktion und einige Kinder aus der Nachbarschaft machten spontan mit.

 

 

In Ungarn hatte ich aufgrund des engen Zeitplans, der durch eine später als ursprünglich geplante Abreise entstanden war, nur sehr wenig Zeit für die Malaktion zur Verfügung. Und es wurde eine spannende Zeit für mich, meine Begleiterin Karin und unseren gemeinsamen Freund „Moped“, der mit seinem eigenen Auto hinter uns herfuhr. Aber das Glück war wieder mal auf meiner Seite, und in Mateszalka konnte ich mehrere Kinder und Jugendliche spontan zum Mitmachen motivieren.

 

 

 

In Bulgarien wurde es auch wieder spannend, da wir uns schon langsam der türkischen Grenze näherten. Aber in Swilengrad sprach ich dann erfolgreich 3 hübsche Mädchen an, die auf einem öffentlichen Platz sehr kreativ ihre Stadt und ihr Land vorstellten. Ein Reporter des lokalen Fernsehens kam zufällig vorbei, filmte die Malaktion und machte mit mir ein Interview. Bei den Mädels bedankte ich mich dann schön artig mit 3 modischen Sonnenbrillen.

 

 

 

In der Türkei hatten die Sommerferien schon angefangen, aber ich hatte relativ viel Zeit zur Verfügung. In vollen Zügen genoss ich die wunderbare Landschaft Kappadokiens und fand vor dem Tourismusbuero in Ürgüp einen gut geeigneten Platz für die Malaktion. Die Chefin, eine begnadete Künstlerin, malte einen wunderschönen Sonnenuntergang über Kappadokien und einige Mitglieder ihrer Familie beteiligten sich ebenfalls an dem Kunstwerk.

 

 

 

Im Iran schließlich lernte ich eine sehr nette Familie kennen, mit deren Unterstützung ich auf dem großen Imam-Platz in Esfahan, der von wunderschönen Gebäuden und Moscheen umgeben ist, die Aktion durchführen konnte. Einige verschleierte Mädchen und Frauen beteiligten sich ebenfalls am Zeichnen und Malen, und ein Jugendlicher brachte mit seiner Botschaft einen brennenden Wunsch vieler Iraner sehr klar zum Ausdruck:  „Wir werden nie Atomwaffen benützen. Aber wir brauchen die Atomkraft!”

 

 

 

In Turkmenistan hatte ich aufgrund der aüßerst komplizierten Reisebestimmungen (strenge Visabestimmungen, fixe Strecken- und Zeitplanung sowie Buchung übers ein einheimisches Reisebüro) nur sehr wenig Zeit, sodass mir gegen meine Überzeugung keine andere Wahl blieb, als mit Hilfe meines Reisebüros 2 Jugendliche in der Hauptstadt Ashgabad zu organisieren, denen ich für ihre Mithilfe jeweils 10 Dollar zu bezahlen hatte – ein Superstundenlohn für turkmenische Verhältnisse!

 

 

 

In Usbekistan kam ich mit einem Besitzer eines Souvernirladens in Samarkand ins Gespräch, vor dessen Geschäft ich dann mein Banner ausrollte und vorbeikommende Kinder zum Malen einlud. Bald waren an die 20 Kinder voller Begeisterung am Malen und viele westliche Touristen schauten interessiert zu. Leider habe ich von diesem Ereignis und auch von dem in Ashgabad/Turkmenistan keine Originalfotos, da alle meine Daten verloren gegangen sind durch den Diebstahl meiner Speicherkarten und die defekte Festplatte meines Laptops in Pakistan.

 

 

In Pakistan hingegen hatte ich jede Menge Zeit und auch entsprechendes Glück, da die Sommerferien schon vorbei waren. Im wunderschönen Yasin Valley im gebirgigen Nordpakistan beteiligten sich sowohl Mädchen (teilweise verschleiert) als auch Jungs der privaten Lalak Jan School in Hundur an der Malaktion, hatten jede Menge Spaß dabei und posierten danach vor dem liebevoll bemalten Banner. Und abends gab es dann für mich und meinen Freund Carlos eine spontane und sehr lustige Musik- und Tanzdarbietung, die einer der Lehrer mit seinen Freunden organisiert hat. Zum Abschied schenkte ich der Schule dann meinen alten Laptop.

 

 

In Indien fand dann meine Malaktion in Khajuraho, das wegen seiner vielen wunderschönen Jain-Tempel mit eindeutig erotischen Darstellungen auch die “Stadt der Liebe” genannt wird, ihren krönenden Abschluss. Unter den mehr als 200 Schülerinnen der Mädchenschule suchte der sehr kooperative Direktor 20 talentierte Mädels aus, die sich zuerst untereinander absprachen, was sie machen wollten, und dann alles mit Bleistift vorzeichneten. Einige Details konnten dann leider nicht mehr ganz verwirklicht werden, da der Tag bereits zu Ende ging und es in der Schule keinen Strom gab. Nächsten Tag rollten wir dann vor der Schule das Banner in seiner vollen Länge aus, und die Mädchen bestaunten die vielen bunten Bilder aus den unterschiedlichen Ländern und Kulturen. Ein Reporter der lokalen Presse zeigte sich ebenfalls recht begeistert von dem Projekt und brachte einen Bildbericht in einer regionalen Zeitung. Als kleines Dankeschön verteilte ich Filzstifte und Süßigkeiten an die 20 Mädchen und schenkte der Schule meine restlichen Farbtöpfe, für die ich ja nun keine Verwendung mehr hatte.